Warum ich mir die Zeit für digitale Kanäle nehme

Veröffentlicht von am 26 Jan 2021

Manchmal glaube ich, dass ich in einer Zeitmaschine sitze. Es ist März 2009 und ich starte mit Twitter. Damals sagte ein kluger Kollege zu mir: Du verstehst Social Media nur, wenn Du es selbst ausprobierst. Recht hatte er. Seit meinem Start bei Twitter haben sich meine Followerzahlen zwar nicht gerade in schwindelerregende Höhen entwickelt, aber ich habe doch eine gewisse #Sichtbarkeit erreicht und kann dieses Kommunikations-Tool einigermaßen effektiv einsetzen.

Damals wurde ich in meinem Umfeld immer wieder belächelt, was ich denn da so mache. Genau da muss sie wohl langsam gewachsen sein, die digitale Filterblase, in der ich mich heute bewege – bestehend aus Menschen, denen ich Social Media wie LinkedIN, Twitter, Facebook und Instagram nicht erklären musste. Gerade ist die Audio-App Clubhouse dazu gekommen, die ich auch regelmäßig nutze.

Nachdem ich mir also damals immer wieder anhören durfte, „was hat das denn für einen Sinn“, oder „das ist mir ja zu anstrengend“, kamen ein paar Jahre später endlich die Digital Media Women in mein Leben. Hier ging es an meinem ersten Meetup-Abend –  naaaa? um Tricks und Tipps in der digitalen Welt. Wow, keine blöden Bemerkungen, Fragen, Häme? Nein, bis heute nicht. Bis heute bekomme ich bei den #DMW neben großartigen Kontakten vor allem eines: gute Antworten.

Simone Fasse Moderation her career

Und da sind wir angekommen im Heute. Und bei den Treffen mit Freunden, Kolleg*nnen und Familie, ja auch bei neuen Job-Kontakten in meinem Umfeld, das zu einem großen Teil aus Kommunikationsmenschen besteht. Hier geht es heute immer noch häufig um die Frage: „Und dafür hast Du Zeit?“ Vorher ist dann meist der Satz gefallen: „Du machst da ja auch ganz schön viel.“ Gemeint ist dann meine Präsenz in den so genannten sozialen Netzwerken.

Im Nachgang höre ich dann meist noch den Satz obendrauf, bei dem ich schon die Bingokarte zücken könnte: „Dafür habe ich ja keine Zeit.“ Garniert mit diesem Unterton – den ich mir vielleicht nur einbilde, aber ich höre ihn: „Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?“ Klar, ich liege den ganzen Tag im Bällebad und mache Quatsch vor der Kamera.

Simone Bällebad

Ich muss zugeben: Inzwischen fehlt mir die Geduld, das immer wieder zu erklären. Inzwischen kann ich nur jedem, der im Berufsleben steht, sagen: Selbst schuld, wenn Du nicht mitmachen willst. Denn meiner Meinung nach gehört es heute zu den „Da müssen wir gar nicht mehr drüber reden“-Skills, die digitalen Kanäle einigermaßen beherrschen zu können. Auch und gerade im Medien- und Kommunikationsumfeld. Ich rede nicht davon, dass jeder Kommunikator auch ein versierter Social Media Manager sein muss – spätestens im vergangenen Jahr habe ich verstanden, dass dazu weit mehr gehört, als nur ein paar launige Postings zu schreiben.

Aber: Leute, Ihr solltet angekommen sein in der digitalen Welt, das Handwerkszeug kennen und die Denke wenigstens ein bisschen nachvollziehen, um die Chancen der neuen Kanäle für eine integrierte Strategie ausloten zu können. Denn analog und digital sind heute nicht mehr voneinander zu trennen.

Warum ich das mache?

Kurz zusammengefasst: Die Zeit, die ich auf den Kanälen verbringe, ist für mich eine echte Investition in meinen Job, in mein Business – das gilt übrigens auch und vor allem für meinen Blog. Warum?

– Ich kann mit neuen Kontakten auf diesem Wege in Verbindung bleiben, um mich virtuell schnell auszutauschen. Und ich bin schnell erreichbar für Anfragen.

– Ich kann im hektischen Alltag Lebenszeichen lesen und geben. „Na, die bösen Dinger sind doch daran Schuld, dass es immer mehr Stress gibt“, werden viele sagen. Ja, ich gebe es zu, meine Hand geht morgens auch zu schnell zum Smartphone, um was Schönes auf Instagram zu entdecken (nein, nicht um meine Mails zu checken J) – ich finde so viele tolle und inspirierende Postings, dass der Tag damit schon mal ganz gut startet. Zum Beispiel mit einer lachenden Caroline Günther bei ihrem Morgen-Lauf. Und ich freue mich sehr, das Gefühl zu haben, bei meinen Freundinnen in Berlin oder im Rheinland etwas näher dran zu sein.

– Analog und digital gehören für mich unbedingt zusammen. Gerade die Social Kanäle tragen meiner Erfahrung nach dazu bei, dass persönliche Treffen (vor Corona) häufiger stattfinden und sogar tieferen Charakter bekommen. Das sehe ich zum Beispiel bei unseren regelmäßigen Abitreffen – mit meinen Facebook- und Insta-Freunden kann ich gleich ganz anders einsteigen, weil ich eben weiß, was sie gerade umtreibt, wo sie gerade einen Vortrag gehalten haben oder wie viele Kinder es schon gibt. Auch nach dem letzten Jubiläums-Treffen unserer Journalisten-Schule hat sich durch Instagram eine Freundschaft wieder neu entwickelt – eine der schönsten Erfahrungen im letzten Jahr für mich… Auch die regelmäßigen Meetups und Themenabende der #DMW oder Events wie die re:publica bekommen eben deshalb so einen hohen Stellenwert und diesen ganz besonderen Spirit, weil ich all die Kontakte aus anderen Städten endlich wieder auch persönlich treffen kann und gleich Anknüpfungspunkte habe. NATÜRLICH treffe ich dort nicht alle Follower, NATÜRLICH gibt es immer einen mehr oder weniger engeren Kreis, mit dem es etwas besser läuft (Hallo Algorithmen, da nervt Ihr mich wirklich!) Aber die viel zitierte Gleichung „So viele Social Kontakte – das macht im echten Leben einsam“ kann ich einfach nicht teilen. In der Corona-Phase halten sie mich im Gegenteil sogar im sozialen Gefüge.

Simone Blogbig

– Ich finde dort viele spannende Role Models. Ganz ehrlich: Neid ist mir fremd. Klar, ganz frei bin ich auch nicht von komischen Gefühlen, wenn ich offensichtlich ein wichtiges Event verpasst habe oder jemand eines meiner Ziele vermeintlich eher erreicht hat. Aber Vergleiche machen immer unglücklich, und ich kann – yippieh- meist von Herzen jedem und jeder den Erfolg oder die tolle Reise gönnen. Jeder Weg ist anders und alles kommt zu seiner Zeit. Wenn ich dann höre „Ich kann die Angeberei auf den Kanälen nicht ertragen“ – so what? Wer es nötig hat, so viel auf die Brause zu hauen, soll es doch machen – jeder outet sich damit selbst, die Leute können das schon einordnen. Denn so weit dürfte doch wohl jeder von uns sein, um zu wissen, dass sich hinter noch so einer glänzenden Fassade mindestens eine private Baustelle befindet, die haben wir schließlich alle.

– Ich finde jede Menge wichtige Facts für meine Job-Recherchen, Ansprechpartner, Links zu Webauftritten, Blogartikel – Futter, das ich sonst niemals gelesen hätte, denn leider kann ich nicht zu allen spannenden Veranstaltungen selbst hinfahren oder alle Podcasts ausprobieren. Gerade im Clubhouse gibt es jetzt im Corona Lockdown so viele gute Talks, die endlich meine sehnlich vermissten Konferenzen wenigstens zum Teil ersetzen.

-Ich bekomme wertvolle Tipps, wenn ich danach frage – oder spontane Hilfe, wie im Sommer 2018, als mein Facebook-Profil kopiert wurde und meine Freunde betrogen werden sollten – so viele tolle Menschen haben mir ganz schnell geholfen, dafür werde ich ewig dankbar sein.

– Ich biete potenziellen Kunden damit einen Eindruck von mir, wie ich ticke, welche Art von Events ich besuche, welche Themen ich abdecke – das hat mir schon sehr häufig zu neuen Aufträgen verholfen, vor kurzem zu einer Anfrage, mit der ich niemals gerechnet hätte, #freu. Das nennt sich heute „Personal Branding“. Und da wären wir beim wichtigsten Punkt, der Sichtbarkeit und den digitalen Skills. Nicht jeder muss diese Plattformen so nutzen wie die Frau Fasse und ihr Umfeld. Aber die Zeiten, in denen wir es uns leisten können, nirgends vertreten zu sein, sind meiner Meinung nach passé. Auch das haben einige Kolleginnen in meinem Umfeld im vergangenen Jahr schmerzlich erfahren. Sie machen jetzt entsprechende Fortbildungen, weil sie sonst keine Jobs mehr finden.

Simone Laptop

Butter bei die Fische: Wie ich das in meinen Tag integriere?

Die Krux ist: Wenn mir etwas Spaß macht, verliere ich mich schnell darin. Für mich gibt es deshalb die Reihenfolge:

  • Früh morgens Instagram, als Inspiration.
  • Im Büro Twitter und LinkedIn, als Information und Recherchetools. Neu hinzu kommt der kurze Blick, was im Clubhouse los ist.
  • Wenn etwas aktuell ansteht, poste ich etwas auf meiner Facebook-Blog-Seite. Das versuche ich einmal in der Woche zu schaffen, die Reichweite ist aber ehrlich gesagt mau.
  • Generell gilt: Ich selbst setze meine Grenzen und versuche über die Achtsamkeits- und Zeitschiene möglichst bewusst zu surfen. Meistens habe ich ja ein bestimmtes Ziel, das ich im Auge habe – das hilft bei der Fokussierung.
  • Ich versuche mich an die vier Minuten-Regel zu halten – was ich in dieser Zeit sofort erledigen bzw. beantworten kann, wird gemacht – spannende Links schiebe ich in Recherche-Ordner fürs spätere Lesen.
  • Instagram ist dann erst wieder am Nachmittag und am Abend dran, quasi als Belohnung, ebenso Clubhouse.

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Wie also starten?

  • Mit LinkedIn gibt es eine feine Plattform, die immer mehr Möglichkeiten bietet. Und Twitter ist ein sehr guter Einstieg, um auch einfach mal mitzulesen. Bei Clubhouse könnte Ihr Euch auch erstmal einfach still in die „letzte Reihe“ setzen und mithören. Baut Eure Profile peu à peu auf, aber fangt an. Denn um mit meiner klugen #DMW-Freundin Ute Blindert zu sprechen: Wenn Du ein Netzwerk brauchst, muss es da sein.
  • Sharing is caring: Ich habe mal einen spannenden Auftrag als Ghostwriterin nicht angenommen, weil die Kundin auf Twitter keine Beiträge von anderen bekannten Frauen teilen wollte. Unser Mindset passte einfach nicht zusammen. ‚Ich mache doch nicht andere groß, ich will doch selbst bekannt werden’, hieß ihre Begründung. Finde den Fehler…

Fotos: Caroline Günther, Maren Martschenko, Markus Fasse, Daniela Sprung,
Logo Frauen und Technik von k4 Design – Sabine Schmalfuss 

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