#Sisterhood? Warum denn?

Veröffentlicht von am 30 Aug 2016

„Warum sollte ich andere Frauen in ihrer Karriere unterstützen? Frauen, die ich vielleicht nicht einmal kenne?“ Diese Frage stellte mir eine indische Interviewpartnerin, als ich sie auf die Chancen von mehr #Sisterhood in Unternehmen ansprach. Hier kommt meine Antwort.

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Ich gebe zu, mein Englisch könnte vielleicht eine Auffrischung gebrauchen. Aber dass meine indische Interviewpartnerin, die ich vor einigen Wochen in einem großen Münchner Technologieunternehmen treffen durfte, so gar nicht verstand, worum es mir ging, konnte irgendwann nichts mehr mit fehlenden Sprachkenntnissen zu tun haben.

 

Die Frage, die ich der 35-jährigen Ingenieurin stellte, lautete: Wäre es für Frauen in Unternehmen nicht einfacher auf der Karriereleiter nach oben zu kommen, wenn es mehr Mentoring-Programme für Frauen gäbe und sich weibliche Talente besser untereinander vernetzen und unterstützen würden? Es half nichts, die anwesende Pressesprecherin musste es noch einmal für mich übersetzen, erst nach und nach fiel der Groschen auf der anderen Seite.

 

Stille.

 

Und dann kam sie, die Frage, die mich sehr überraschte, und mir gleichzeitig wieder einmal zeigte, wie tief ich in meiner persönlichen Filterblase stecke:

 

„Warum sollte ich das tun? Warum sollte ich andere Frauen unterstützen, die ich vielleicht nicht einmal kenne?“

 

Schon in vorherigen Antworten hatte meine Interviewpartnerin an diesem Vormittag eindrucksvoll beschrieben, wie sie ihre Ausbildung in Indien erlebt hatte, und dass die Schüler und Studenten dort in einem sehr harten Wettbewerb stehen. Es erinnerte mich an Schilderungen von Verwandten und Freunden aus den Jahrgängen mit hohen Geburtenraten – auch hier denken viele von ihnen eher in Richtung Ellenbogen.

 

Dieses besondere Interview war wieder ein großartiges Lehrstück dafür, dass jeder seine ganz eigene Wahrheit hat. Sisterhood war in diesem Moment für diese Frau so weit weg wie für mich ein Frühstück in Indien.

 

Sich gegenseitig zu helfen, Know-how und Kontakte zu teilen – für mich ist das in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Ich war schon immer jemand, dem es mehr um ein gutes Ergebnis und weniger um Macht und höhere Karrierestufen ging.

 

Trotzdem sind Erfolg und berufliche Anerkennung für mich sehr wichtig, ich liebe meinen Job. Sehr gern in gemischten Teams. Dabei kommt es mir vor allem darauf an, das zu machen, was mir wirklich Spaß macht. Mit Kunden, die zu mir passen. Vielleicht komme ich mit dieser Einstellung von außen gesehen nicht so schnell voran. Ich hab mich bislang aus meiner Sicht für eine sehr nachhaltige Variante entschieden. Mit Wegbiegungen und Umwegen vielleicht, aber mit einem großartigen Netz an Kollegen und Freunden, das mich in den Jahren meiner Selbständigkeit zuverlässig getragen hat. Gelernt habe ich dabei übrigens viel von meiner lieben Ausbilderin bei den VDI nachrichten Regine Bönsch, die ihre Erfahrungen so großzügig mit mir geteilt hat, aber immer auch offen war für meine Ideen – für mich eines der besten Beispiele für #Sisterhood.

 

Das eigene Wissen weitergeben, sich zu öffnen und Netzwerke aktiv zu gestalten – das darf ich seit rund einem Jahr auch bei den Digital Media Women tun. Hier wird #Sisterhood gelebt, zum Beispiel in der Facebook-Community, die inzwischen rund 7000 Mitglieder hat. Hier lerne ich so viel Neues, treffe unglaublich interessante Frauen (persönlich und virtuell) und kann gleichzeitig andere mit meinen Erfahrungen und Kontakten unterstützen (dieser Artikel ist übrigens Teil der DMW-Blogparade zum Thema #Sisterhood).

 

Die Frage „Warum sollte ich das tun?“ wollte ich in der Interviewsituation nicht beantworten, schließlich ging es nicht um mich, und außerdem ist das ja auch eine sehr persönliche Angelegenheit. Sich in Netzwerken zu engagieren und sich für „Sharing“ zu entscheiden, das ist eben auch eine Einstellung, die man mitbringen muss. Nur auf das zu hoffen, was zurückkommt und dabei selbst nichts einzubringen – das funktioniert nicht.

 

Wer sich aber wirklich darauf einlässt und seine Befürchtungen über Bord wirft, dass andere das eigene Wissen „abzapfen“ und besser nutzen als man selbst, der bekommt jede Menge zurück. Vielleicht nicht sofort, und vielleicht nicht das, was man sich zunächst erwartet oder erhofft hatte. Doch genau das ist das Schöne an der Sisterhood und am Sharing: Es gibt wunderbare Begegnungen und Überraschungen, die prägen. Kenntnisse, die sich in einer immer komplexeren Berufswelt niemand mehr ganz  allein aneignen kann. Ich glaube, dass es Einzelkämpfer und Einzelkämpferinnen künftig immer schwerer haben werden. Und dass gerade für die digitale Wirtschaft Teamarbeit immer wichtiger wird. Doch vielleicht ist das einfach der Blick aus meiner ganz persönlichen Filterblase.

Was meint Ihr?

Foto: Simone Fasse

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