Mehr Glück und Freiheit: So geht´s

Veröffentlicht von am 22 Dez 2015

Die Münchner Philosophin Rebekka Reinhard nennt ihr neuestes Buch einen „Weckruf für aufgeklärtes, selbstbestimmtes weibliches Denken“. Die „Kleine Philosophie der Macht *nur für Frauen“ spielt zum Teil ironisch mit dem Machtbegriff und fordert Frauen auf, aus dem „Opferkult“ heraus zu kommen. Dazu zeigt Reinhard konkrete Übungen, um sich von angestaubten Denkmustern zu lösen und die eigene Lebenszeit nicht mehr zu verschwenden. „Für mehr Glück und Freiheit müssen Frauen die Macht über sich selbst zurückgewinnen“, sagt die Philosophin. Wenn das kein Rat für 2016 ist…

 

Kleine Philosophie der Macht nur fuer Frauen von Rebekka Reinhard

 

 

Frau Reinhard, was bedeutet Macht für Sie?

 

Ich definiere Macht entlang der wortgeschichtlichen Bedeutung im Sinne von Machen, Können und die Potenz haben, etwas zu tun. So verliert Macht ihr negatives Image und wird konkret greifbar.

 

Wie sollten Frauen Macht einsetzen?

 

Macht ist der Schlüssel zum Glück und zur Freiheit. Es geht zunächst darum, dass Frauen die Macht über sich selbst gewinnen und sich aus Stereotypen lösen, die nicht mehr zeitgemäß sind, sie aber immer noch gefangen halten. Erst wenn ich selbstbestimmt und reflektiert lebe und handele, kann ich Macht auch in meinem weiteren Umfeld ausüben.

 

Macht hat für Frauen ja häufig einen negativen Beigeschmack, weil es nach Egoismus klingt oder Personen damit in Verbindung gebracht werden, die ihre Macht missbrauchen.

 

Macht ist immer ein Beziehungsphänomen, es gibt keine Beziehung, die nicht auch eine Machtbeziehung wäre – ob zwischen Mann und Frau, Mutter und Kind oder im Berufsleben. Da aber die grundlegendste aller Beziehungen immer die zu mir selbst ist, muss ich erst einmal diese Beziehung in Ordnung bringen, wenn ich auch meine Machtbeziehungen positiv ausfüllen will. Die Beziehung zu sich selbst wird von den Frauen jedoch meist sträflich vernachlässigt, und so verschwenden sie kostbare Lebenszeit, weil sie zulassen, dass sie von außen gelebt werden.

 

Die Frauen sind also ein Opfer der Umstände?

 

Eben nicht. Es ist einfach und chic, das zu behaupten  – „ich kann ja nicht anders, die Männer sind schuld, das war doch schon immer so, wann soll ich das denn alles machen, die wollen mich nicht befördern“ – aber dieser Opferkult bringt niemanden weiter. Viele Frauen haben es sich in ihrem Grübelgefängnis bequem gemacht und kommen da nicht mehr heraus. Diese Frauen möchte ich mit dieser Kampfschrift für aufgeklärtes Denken zu einem selbstbestimmten Leben inspirieren und ermutigen.

 

Kampfschrift klingt sehr ernst…

 

Das Thema ist mir auch ernst, denn ich sehe, dass sich gesellschaftlich vieles in eine falsche Richtung bewegt, weil die Menschen den Kontakt zu sich selbst verlieren. Das gilt vor allem für die „modernen“ Frauen. An sie richte ich aber auch meinen Appell, nicht alle Ziele total verbissen anzugehen, sondern sich auch eine ordentliche Portion Leichtigkeit und Selbstironie zuzulegen.

 

Das eigene Leben zu ändern ist ja auch nicht so leicht…

 

Im Laufe meiner zehnjährigen Erfahrung als Beraterin bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwei Wege gibt, das eigene Leben in neue Bahnen zu lenken – entweder durch einen festen Vorsatz, Routine, Übung und Konsequenz – oder aber ausgelöst durch eine Erfahrung, die unter die Haut geht. Das ist bei vielen Frauen aktuell ein Burnout oder eine Krebserkrankung, kann aber auch schon eine kleinere Krise sein.

 

reinhardFoto: Reinhard

 

 

Bilden sich Frauen äußere Zwänge nur ein?

 

Frauen sind optimale Mitglieder Mitglieder einer neoliberalen Gesellschaft. Sie funktionieren bis zur Selbstaufgabe und stecken fest in Automatismen. Der Halbsatz „ich muss“ ist Antrieb und Betäubung zugleich. Viele Frauen fühlen sich ohnmächtig in ihrer konkreten Situation. Dabei läuft die Lebenszeit ab und eigene Bedürfnisse werden permanent zurückgestellt.

 

 

Sie geben ihren Leserinnen und Lesern elf „philosophische Machtmittel“ für verschiedene Lebensumstände an die Hand, die sofort einsetzbar sein sollen. Dazu gehören etwa „Potenz-iale entfalten“, „Die Kunst der richtigen Entscheidung erlernen“, „Sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien“, „Mühelosigkeit trainieren“, „Scharf argumentieren“ oder „Richtig wütend werden.“ Ihr Versprechen dabei lautet: „Ihre Macht wird unaufhaltsam wachsen.“ Können Sie dieses Versprechen tatsächlich einlösen?

 

Ich habe bereits zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten, übrigens auch von Männern, die ich ja ebenfalls mit diesem Buch anspreche. Bewusster zu denken und agieren, sich aus Denkfallen zu lösen erhöht die eigene Freiheit und bringt immer inneres Wachstum, davon bin ich fest überzeugt – ich bin jede dieser Frauen, die ich im Buch erwähne, deshalb liegt es mir auch so am Herzen.

 

Die von Ihnen im Buch vorgestellten „philosophischen Machtmittel“ erinnern ein wenig an einen Karriereratgeber und viele Instrumente und Prinzipien finden sich auch in der Achtsamkeitspraxis. Was an Ihrem Buch ist philosophisch?

 

Es gibt in diesem Buch viele philosophische Ebenen. Vor allem geht es darum, das eigene Denken (wieder) zu aktivieren – nicht zu googeln, sondern eigene Gedanken formulieren und sich auf sich selbst besinnen. Die Frage „Wofür lebe ich?“ zählt zu den Standardfragen in der philosophischen Beratung, schockiert viele Klienten erst einmal. Denn für die Antwort muss ich mich von den Erwartungen der anderen lösen und eine kritische Distanz entwickeln, auch zum eigenen Handeln.

 

Am konkreten Beispiel – wie kann mich Ihr Buch beruflich voranbringen?

 

Setzen Sie auf Eros und Machiavelli, lautet mein philosophisches Machtmittel Nummer elf. Viele Frauen sehen sich im Job gefangen in einer Mischung aus Langeweile und Stress, auch hier steht meist das „ich muss“ im Vordergrund. Dazu kommt häufig die Angst vor der Macht der Männer. Seien Sie, was immer Ihre Branche erlaubt, aber seien Sie weder ein wehrloses Schaf noch ein artiges Mädchen. Sie sollten die alten Schubladen verlassen und sich auf den Weg nach innen begeben, die eigene Leidenschaft entdecken und sich von ihr beflügeln lassen. Das ist die Basis für erfolgreiche Führung. Nur wenn ich den Kontakt zu meinem eigenen Feuer immer wieder suche und finde, kann ich auch andere damit anstecken und meine gewonnene Souveränität an andere weitergeben.

 

Das Interview ist auch auf Saal Zwei erschienen, dem Online-Businessmagazin für Frauen

 

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