„Den Spaß an neuer Technologie vermitteln“

Veröffentlicht von am 12 Jul 2018

Kathleen Schröter ist eines der tollsten Role-Models für mich, denn sie hat sich als Quereinsteigerin einen festen Platz in der Welt der Medien- und Bildtechnik erarbeitet. Kürzlich erhielt sie in den USA den Distinguished Leadership Award. Ich durfte sie am 3IT Innovation Center for Immersive Imaging Technologies in Berlin besuchen, das sie seit 2011 managt.

 

 

 

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Kathleen, Du hast eigentlich zwei Jobs. Könntest Du uns erzählen, was Du genau machst?

 

Ich bin zum einen Executive Manager des 3IT in Berlin, das ist das Innovation Center for Immersive Imaging Technologies. Das Center wurde ursprünglich vom Fraunhofer Heinrich Hertz Institut als 3D Innovation Center ins Leben gerufen und ist heute Netzwerk, Forschungseinrichtung, Entwicklungslabor und Showroom in einem. Die Idee: Unternehmen, beispielsweise aus der Medienbranche, können sich hier in einem vorwettbewerblichen Umfeld austauschen und die neuesten Technologien wie VR, 360-Video oder Ultra HD speziell für ihre Anwendungen testen. Zu unserem Netzwerk gehören Firmen wie die Deutsche Telekom, Sky oder ARRI. Außerdem leite ich auch das Marketing für den Bereich Video & Wireless am Fraunhofer HHI sowie die Kommunikationsabteilung des Instituts.

 

 

Du hast Wirtschaftswissenschaften studiert und bist damit eine echte Quereinsteigerin als „Woman in Tech“. Woher kommt Deine Faszination für neue Technologien?

 

Eigentlich lassen mich die neuen technischen Möglichkeiten seit dem Studium nicht mehr los. Ich habe damals schon für das Fraunhofer HHI gearbeitet und dann bekam ich 2011 die Chance mit der Neugründung des 3D Innovation Center, das Management dieser Innovationsschmiede zu übernehmen. Seitdem sauge ich technisches Wissen auf, wo immer es geht – im Gespräch mit anderen Branchenkennern, auf Fachkongressen oder über Fachmagazine. Um mich herum habe ich sehr viele tolle Kollegen und Experten, die mich sehr unterstützen – und die mich in den vergangenen Jahren zum Geek gemacht haben J

 

 

Gab es denn nicht auch mal komische Bemerkungen oder Situationen, in denen Du Dich unsicher gefühlt hast?

 

Na klar, das gibt es immer mal. Aber ich sehe es oft sogar als Vorteil an, ein bisschen von außen auf die Entwicklungen zu schauen und die richtigen Fragen stellen zu können. Außerdem ist meine feste Überzeugung: Man muss nicht super in Mathematik sein, um zu verstehen, was ein HDMI-Kabel ist.

 

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Du hast vor kurzem einen besonderen Preis bekommen, mit dem insgesamt 13 einflussreiche Frauen aus der Entertainment- und Hightech-Branche ausgezeichnet wurden. Kannst Du dazu etwas erzählen?

 

Die Advanced Imaging Society (AIS) , zu der Filmproduktionsfirmen wie The Walt Disney Studios Motion Pictures, Dreamworks oder Paramount gehören, haben mir den „Distinguished Leadership Award“ verliehen – als einzige europäische Preisträgerin, darauf bin ich natürlich schon stolz. Den Preis gab es für meine Arbeit, die wissenschaftlichen Errungenschaften aus der Bildtechnik in der Medienindustrie bekannt zu machen und der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Die 13 Gewinnerinnen werden von einem Komitee ausgewählt, u.a. gehören dazu „SMPTE“ und „Women Who Code“, zum ersten Mal kooperierte die AIS auch mit dem Cisco-Programm „Women in Technology“.

 

 

Besonders berührend war die Preisverleihung selbst für Dich – warum?

 

Ja, das war ein bisschen verrückt. Ich hatte mich vorher mit vielen anderen Gästen unterhalten. Sie fragten nach meinen Erfahrungen im geteilten Deutschland und nach der Grenzöffnung. Schließlich forderten sie mich auf, meine Geschichte zu erzählen und vom Fall der Mauer zu berichten – vornehmlich, weil Teile meines Lebenslaufs in die Laudatio eingebaut wurde: „In 1989 there was this little girl in East-Berlin…“ war der erste Satz. Ich hab ein bisschen überlegt, aber die Chance dann doch ergriffen, denn mir war es wichtig, öffentlich zu meiner Überzeugung zu stehen. Denn ich war neun Jahre alt, als die Mauer fiel, und je älter ich werde, desto mehr begreife ich, dass ich ohne die offene Grenze weder hätte studieren noch zum Arbeiten nach Australien hätte gehen können. Mein Leben wäre völlig anders verlaufen, viele meiner Freunde und Kollegen kommen gar nicht aus Deutschland – Freiheit und Vielfalt gehören für mich einfach dazu, und dafür werde ich mich weiter einsetzen.

 

 

 

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Was macht Dir am meisten Spaß in Deinem Job-Umfeld?

 

Wir sehen speziell im 3IT technische Entwicklungen, die beim Verbraucher erst in drei bis fünf Jahren ankommen, das ist extrem spannend. Mir gefällt der Austausch zwischen der Wissenschaft und der Entertainment-Branche, und ich schlage gern Brücken zwischen Experten und Nicht-Technikern. Dabei mache ich gern für andere verständlich, was Technologie kann, zum Beispiel über die Entwicklung von konkreten Anwendungsmöglichkeiten und dem Storytelling drumherum. Aber ich halte auch wahnsinnig gern Vorträge oder moderiere auf Veranstaltungen wie der re:publica oder der DIGILITY.

 

 

Eine echte Innovation, die Du seit Jahren begleitest, ist das Volumetric Video Aufnahmesystem, das die 3D Human Body Reconstruction ermöglicht. Kannst Du das kurz erklären?

 

Volumetric Video ist einer der wichtigsten Trends bei Virtual Reality und Augmented Reality und gilt als der nächste wichtige Entwicklungsschritt in der Medienproduktion. Das System ermöglicht die Übermittlung des realgetreuen Bildes einer Person in eine virtuelle Welt. Die 3D Human Body Reconstruction Technologie erfasst Menschen gleichzeitig mit mehreren Kameras und erzeugt aus der Videoinformation dynamische 3D-Modelle, die dann von beliebigen Blickpunkten in der virtuellen Welt betrachtet werden können. Das Volumetric Video Aufnahmesystem besteht dabei aus 16 Stereokamerapaaren, also 32 Kameras, die 3D-Informationen aus vielen verschiedenen Standpunkten um die Person herum erfassen, ähnlich wie das menschliche Auge. So entsteht ein natürlich wirkendes Abbild der Person, das über spezielle Programme in VR-Anwendungen eingebunden werden kann. Die Modelle wirken dabei total echt, sind faszinierend detailgetreu.

 

 

Wenn Du das erzählst und mir neue VR-Experiences zeigst, strahlst Du richtig. Wie könnte man denn aus Deiner Sicht mehr Frauen und Mädchen für neue technische Entwicklungen und Jobs in diesem Bereich begeistern?

 

Ich finde, Technik ist in den vergangenen Jahren so schön anfassbar geworden. Die Hürden, sich neuesten Technologien zu nähern, werden immer kleiner. Damit können wir auch Mädchen die Angst nehmen und stattdessen den Spaß vermitteln, neue Entwicklungen selbst mit zu gestalten.

 

 

Fotos: AIS, Digility, 3IT

 

 

 

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