Digitale Nomaden und New Work: So klappt´s wirklich unterwegs

Veröffentlicht von am 15 Jun 2018

Den Laptop schnappen und einfach dort texten und Projekte beackern, wo ich mich gerade auf der Welt aufhalten möchte – was für ein Luxus. Immer mehr Wissensarbeiter können so ihr Geld verdienen. Aber es gibt nicht nur Sonnenseiten für digitale Nomaden. In diesem Artikel findet Ihr die besten Tipps, auch für Familien.

Computer mit Tasse Urlaub

Mit dem Computer in der Tasche losziehen und von unterwegs aus schreiben: Tatsächlich ist diese Form des Arbeitens für mich ein ganz großes Argument für die Selbständigkeit. Denn meistens kann ich mir die ToDos gut einteilen und habe, wenn es gut läuft, auch noch eine tolle Umgebung drumherum, die mich inspiriert und in die ich immer wieder eintauchen kann.

 

Workation heißt der Idealzustand mindestens ein Mal im Jahr für mich. Dann fahren „meine Männer“ Ski, und weil es mich so überhaupt nicht in die Berge geschweige denn in den Schnee zieht, geht es für mich dann nach Hamburg, Berlin oder einen anderen schönen Ort. Morgens ein paar Stunden schreiben oder mich mit Kollegen abstimmen (egal, wo die dann gerade sind), am Nachmittag Freunde treffen oder an spannenden Plätzen neuen Input sammeln, mich einfach treiben lassen – herrlich. In den langen Sommerferien heißt es oft für mich improvisieren, flexibel sein und in den rund vier Wochen, die wir dann meist irgendwo im Norden Europas unterwegs sind, heißt es dann, die besten Arbeitsplätze ausfindig zu machen.

 

(Meine Freundinnen Birgit Köbl und Claudia Frickel haben diese Form des Arbeitens auch schon über mehrere Monate ins Ausland verlagert. Ihre Antworten auf meine Fragen und viele praktische Tipps findet ihr weiter unten.)

 

Berlin Dachterrasse Lampe

 

Auch meine regelmäßigen Job-Einheiten in meinen Müncher Lieblingscafés Kitchen2Soul und Tribeca möchte ich nicht mehr missen – in wunderschöner Atmosphäre an Konzepten stricken oder Pläne machen, Texte korrigieren, dabei leckersten Kuchen essen und besten Kaffee oder Rosenlimonade schlürfen – hach, was für ein Luxus, in diesem Umfeld Geld verdienen zu dürfen.

 

In vielen Geschichten und Blogposts, die sich um das digitale Nomadentum drehen, werden vor allem die Sonnenseiten beschrieben. Aber ich würde nur gern auch mal zeigen, dass das schon häufiger für mich auch so gar nicht chic war, von überall aus arbeiten zu können – oder zu müssen.

 

Ehrlicherweise heißt das nämlich auch, möglichst schnell einen Artikel zu finalisieren und abzuschicken, wenn ich im Auto vor dem Sportplatz sitze, während mein Sohn noch kickt.

 

Oder dort bei Eiseskälte mit Decke und Thermoskanne bewaffnet dringende Interviews zu führen, weil der Gesprächspartner eben nur dann kann. Oder im Zug vom schönen warmen Sitzplatz (und sogar mit WLAN, hurra) plötzlich wegen technischer Probleme in den Gang katapultiert zu werden und mit dem Laptop auf den Knien noch irgendwie den Abgabetermin einzuhalten (dann ohne WLAN, klar).

 

Oder im ehemaligen Kinderzimmer in der alten Heimat nach mehrstündiger Anreise zu versuchen auf frische Ideen zu kommen, während die Gedanken eigentlich um den immer pflegebedürftigeren Vater im Untergeschoss kreisen.

 

Oder im Hotelzimmer mit wackelndem Internetempfang zu versuchen, von einem FTP-Server Bilder zu ziehen – und dabei immer wieder von der schlechten Netzverbindung oder dem schlechten Gewissen gegenüber der Familie unterbrochen zu werden – denn eigentlich warten die beiden längst mit Mittagessen und Badetuch im Sand auf mich.

 

Jungs am Strand

 

Und alle so ohhhhhhhhhh… First World Problems, ich weiß. Und warum schreibe ich das dann? Weil es für mich inzwischen auch zur Wahrheit über die Selbständigkeit und das viel gelobte „von überall aus arbeiten können“ gehört. Ja, ich habe einige meine besten Ideen (ja, wirklich) in einem trendigen Coworking-Space in Berlin und in der Lobby meines Lieblingshotels in Hamburg gehabt. Ich habe einen meiner erfolgreichsten Blogposts bei schönstem Sommerwetter in der Toskana geschrieben. Und ohne meine Selbständigkeit könnte ich als Teil der Sandwich-Generation könnte ich auch nicht so flexibel mit der gesamten Familie agieren.

 

Aber solltet ihr vorhaben, euch selbständig zu machen, oder könnt inzwischen auch immer öfter die Freiheiten von #newwork nutzen und wollte jetzt im Sommer die Chance ergreifen, öfter unterwegs zu arbeiten – plant unbedingt genügend Puffer ein. Geht auch mal davon aus, dass WLAN oder LTE (und im Ausland auch mal der Strom) vielleicht nicht so zuverlässig vorhanden sind, wie geplant (na gut, Bahnreisende kennen das ja eh schon längst, aber weiter unten könnt Ihr das Interview mit meiner wunderbaren Kollegin und New Work Expertin Inga Höltmann lesen, die diese Erfahrungen u.a. in Brandenburg gemacht hat).

 

Rechnet bei einem gemeinsamen Trip auch damit, dass die Bedürfnisse der Familie dann eben doch mal dazwischen hauen, wenn man da so greifbar nur ein paar Meter entfernt arbeiten möchte. Und was ich vor allem aus den Antworten von Claudia und Birgit gelernt habe: Zieht eine klare Linie zwischen Urlaub und Job – das war zum Beispiel mein Fehler in den letzten Sommerferien, allerdings ging es bei einem bestimmten Projekt auch nicht anders, als spontan zu reagieren – aber genau das machte es letztlich auch so unglaublich stressig. Auf der anderen Seite: An den Vormittag in der Kopenhagener Hotelbar, in der ich einfach nur ganz in Ruhe schreiben und komplett abtauchen konnte, werde ich mich wohl immer mit einem seligen Lächeln erinnern…

 

Viel Spaß beim Lesen also und hoffentlich auch auf Eurer nächsten Tour! Kommentiert auch gern Eure Erfahrungen – wann und wie arbeitet Ihr unterwegs?

 

Digitale Nomaden 1: Unterwegs in Südostasien

Claudia und Catrien

Claudia, Du bist mit Deiner Freundin Catrien Stremme mehrere Monate durch Südostasien gereist und hast von dort aus auch gearbeitet. Die Fotos von Euren „Offices“ in dieser Zeit auf Facebook sahen traumhaft aus. Wie lief so ein Job-Tag vor Ort für Euch?

Das war ganz unterschiedlich und hing von den Orten ab, an denen wir waren (Thailand, Bali, Laos und Kambodscha). Auch an wunderschönen Orten mussten wir natürlich unsere To-Do-Listen abhaken – egal wie verlockend das Freizeitangebot oder einfach die Natur jeweils waren. Aber weil wir so schrecklich diszipliniert und organisiert sind, ist uns das nicht schwer gefallen ;-). Chiang Mai in Thailand ist zum Beispiel ein Paradies für digitale Nomaden: In der Stadt gibt es unzählige Cafés, die auf Menschen an Notebooks eingestellt sind.

Das heißt, wir durften dort Smoothies trinken, essen, arbeiten und Free Wifi nutzen. Die Stadt besitzt auch einige hundert Tempel, so versuchten wir, die Cafés und Arbeitsorte regelmäßig zu wechseln, um auf dem Hin- und dem Rückweg so viele Tempel wie möglich zu besichtigen. Auf Bali lebten wir unter anderem in Ubud, dort arbeiteten wir mehrmals im schönen Coworking-Space Hubud und spazierten danach durch die Reisfelder. Auf Koh Lanta, ebenfalls in Thailand, gab es in Cafés meist nur sehr langsames WLAN – da nutzen wir oft unser Apartment und die Terrasse als Büro.

Die Bilder von unseren Arbeitsorten, die du auf Facebook gesehen hast, waren die schönsten. Es war nicht immer so großartig: Manchmal saßen wir auch einfach mit dem Notebook auf dem Bett in unserem Apartment, weil es draußen so heiß war. Aber davor und danach konnten wir eben trotzdem schnell an den Strand, zum Laufen, Essen und Cocktails trinken. Die Wochenenden hielten wir uns während der drei Monate immer frei und schauten uns die nähere und weitere Umgebung an, manchmal auch an einem Tag unter der Woche. Und in Laos und Kambodscha haben wir Urlaub gemacht. Wir wollten ja nicht bloß zum Arbeiten in die weite Ferne reisen 😉

 

Wie war der Plan – gab es Projekte, die Du unbedingt erledigen musstest in der Zeit, oder konntest Du sehr spontan sein?

 

Ich habe das gleiche gemacht wie von München aus: Ich arbeite seit Jahren mit Print- und Online-Redaktionen zusammen, von denen regelmäßig Aufträge kommen. Die sind aber selten zeitkritisch, so dass ich mir mit dem Schreiben keinen Stress machen musste. Das heißt, wir konnten auch mal spontan beschließen, das Wochenende vorzuverlegen.

Claudia Frickel1

 

Habt Ihr bestimmte Dinge vorbereitet, zum Beispiel Infos darüber, wo Ihr WLAN findet?

 

Wir suchten uns für den ersten Digitale-Nomaden-Trip gezielt Orte aus, die laut Nomadlist optimal fürs Arbeiten von unterwegs sind. Das heißt, wir wussten, dass es meist eine gute WLAN-Abdeckung gibt, dass wir aber ansonsten via Datenverbindung auch weiterkommen. Das mobile Surfen ist in Südostasien viel komfortabler als hier – die Netzabdeckung ist besser, und die Preise sind günstig. Als Veganerinnen war uns außerdem wichtig, dass wir in den Ländern / an den Orten leicht etwas zu essen finden – auch in der Hinsicht waren vor allem Thailand und Bali traumhaft.

 

Welche unerwarteten Herausforderungen gab es in punkto Job in dieser Zeit?

 

Die Zeitverschiebung. Morgens war es sehr gemütlich, weil alle in Deutschland noch schliefen. Aber abends, kurz bevor wir ins Bett wollten, trudelten schon mal Nachrichten ein, die dringend beantwortet werden mussten.

Auf Koh Lanta merkten wir außerdem, wie abhängig wir vom Strom sind – das fällt uns in Deutschland kaum auf: Auf der Insel fällt er öfter aus, dann gibt’s auch kein WLAN und keinen Mobilfunk. Meist ist das schnell vorbei, nur an einem Tag nicht. Den mussten wir dann zwangsweise am Strand verbringen In unserem Apartment hielten wir es wegen der Hitze nicht aus, denn Klimaanlage und Ventilator liefen ja auch nicht. Und die Notebook-Akkus waren irgendwann auch leer.

 

Claudia Frickel Laptop

Welche Tipps kannst Du anderen digitalen Nomaden geben?

 

Macht es einfach! Es war eine unglaublich bereichernde Zeit für uns, wir haben so viel gesehen und erlebt, und so viele interessante Menschen getroffen, Einheimische und aus aller Welt. Wir machten uns im Vorfeld viele Gedanken darüber, was wir mitnehmen sollen. Das, was in einen Rucksack passt, hat uns gereicht, wir vermissten überhaupt nichts. Wichtig sind Adapter mit Überspannungsschutz, und im subtropischen Klima sollte man die Luftfeuchtigkeit im Blick haben – die tut Notebook und Smartphone nicht so gut. Wir finden es auch wichtig, sich spätestens vor Ort über Land, Leute und deren Kultur, Religion, Sitten und Bräuche zu informieren – und das alles auch zu respektieren. Wir haben zu viele Touristen erlebt, die sehr ignorant und respektlos gegenüber den Einheimischen waren. Um Land und Leute am besten kennenzulernen, empfehlen wir auch, bei letzteren zu wohnen und nicht in einem anonymen Hotel. Wir haben auf diese Weise viel mehr vom Alltag und der Kultur mitbekommen – und durften etwa auf Bali an einer privaten Tempel-Zeremonie unserer Vermieterfamilie teilnehmen.

 

Wo zieht es Dich / Euch als nächstes hin?

 

Wir haben jetzt Blut geleckt und tatsächlich schon neue Pläne geschmiedet. Dieses Mal geht es zum Arbeiten zwei Monate nach Vietnam und auf eine andere thailändische Insel. Wir bauen aber mehr Urlaub ein und verbringen vier Wochen in Neuseeland und jeweils ein paar Tage in Singapur, auf Borneo, in Hanoi und in Hongkong.

 

Claudia Frickel arbeitet seit 25 Jahren als Journalistin für Online- und Printpublikationen, unter anderem für PC Magazin, PC Go, Burda Forward, Infineon, GMX, N24.de, Focus Online und Creditreform. Mehr als zehn Jahre lang brachte sie außerdem Teilnehmern in Workshops und Seminaren bei, wie sie bessere Texte verfassen. Als Online-Text-Coach konzentriert sie sich auf die digitale Vermittlung ihres Wissens und berät alle, die beim Schreiben Hilfe brauchen.

Catrien Stremmes Lieblingsnische ist die Musik und darin das Schlagzeug. In dem Bereich war sie als Profimusikerin, Lehrerin, Lehrbuchautorin und Redakteurin und Bloggerin unterwegs. Aktuell arbeitet sie als freie Journalistin und Social Media Managerin.

Digitale Nomaden 2: Unterwegs mit der Familie

Birgit Malle

Birgit, Ihr seid als Familie in den vergangenen Jahren in den Sommerferien oft an superschöne Orte gefahren, um dort Urlaub und Job miteinander zu verbinden. Wie seid Ihr darauf gekommen?

 

Den Stein ins Rollen brachte eine Freundin auf Mallorca, die mir den Newsletter der internationalen Schule von dort weiterleitete, die ihr Feriencamp ankündigten. Der Hintergrund: Im August und September stecke ich im Endspurt meines Projektes dmexco und kann kaum Urlaub machen. Die Kinder haben aber 6 Wochen Sommerferien und mussten immer zu Hause in die Ferienbetreuung. Da mein Mann und ich aber von überall arbeiten können, starteten wir nach dem Newsletter das Projekt Workation Mallorca. Die Kinder meldeten wir in die internationale Schule für die Ferienbetreuung an, wir organisierten Unterkunft und Flug. Und dann haben wir zwei Sommer auf Mallorca gearbeitet – anfangs nur drei Wochen, danach fünf. Davon jeweils eine Woche Urlaub ohne Arbeit. Das hat prima funktioniert. Nach zwei Sommern auf Mallorca, haben wir Seattle gewagt. Gleiches Prinzip: Wir arbeiten, die Kinder gehen dort in Ferienprojekte. Gleichzeitig mussten sie sich auf Englisch durchschlagen – und waren stolz auf ihre Erfahrungen.

 

Welche Vorbereitungen waren dafür nötig?

 

Als erstes brauchten wir natürlich eine sinnvolle Beschäftigung für die Kinder – und da halfen Freunde und Bekannte vor Ort. Wir haben beide Ziele so gewählt, dass wir dort Freunde hatten, die uns mit Tipps unterstützen konnten. Wir brauchten ein Haus, einen Arbeitsplatz und vor allem W-Lan. Auf Mallorca konnte ich zu einem Bekannten zum Arbeiten in die Agentur. In Seattle ist Microsoft, der Arbeitgeber meines Mannes. Er ging ins Büro und hat seine Kollegen getroffen. Ich hatte einen Schreibtisch in unserer Unterkunft. Recht viel mehr war nicht zu tun…

 

Wie liefen die Job-Tage dann konkret vor Ort?

 

Auch nicht so viel anders als zu Hause: Wir brachten die Kinder in ihre Betreuung und begannen unseren Arbeitstag. Manchmal wechselten wir den Arbeitsplatz und zogen für die letzte Stunde auch mal ins Strandcafé oder zu Starbucks. Hauptsache: W-LAN. Und am späten nachmittag haben wir zu viert etwas Schönes unternommen. Strand, Sightseeing, Stand-Up Paddeln. Dafür ging es mitunter Abends wieder an den Rechner. Die ein oder andere Nachtschicht haben wir schon eingeschoben.

 

Birgit Bulli

Hast Du in diesen Wochen immer so arbeiten können, wie Du es geplant hattest? Welche Herausforderungen musstet Ihr, musstest Du meistern?

 

Ja – das hat wunderbar funktioniert. In Seattle hatte ich 9 Stunden Zeitverschiebung und bin dafür um 5 Uhr früh Ortszeit schon am Rechner gesessen. Dafür war es nachmittags ruhiger. Ein bisschen Flexibilität sollte man mitbringen und das Verständnis der Kollegen hilft natürlich auch. Außerdem konnte ich z.B. in Seattle die Zeit sinnvoll nutzen und Kontakte vor Ort ausbauen: Dort sitzen Microsoft, Amazon oder Deloitte – alles spannende Unternehmen für meine internationalen Projekte.

 

Wo würdest Du gern mal als digitaler Nomade arbeiten?

 

New York – das war uns bislang aber zu teuer. Die Preise für Unterkunft und Kinderbetreuung sind dort astronomisch hoch. Ich fände aber viele Orte spannend und würde auch gerne mal von Stockholm, San Francisco, Shanghai, Paris oder London arbeiten. Solange wir mit den Kindern unterwegs sind, wäre allerdings die Prämisse eine gute, bezahlbare Betreuung.

 

Birgit Family

Welche Tipps kannst Du weitergeben, vor allem an Familien?

 

Ein Netzwerk vor Ort ist Gold wert! Wir hatten auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Einmal war es die internationale Schule, die das Camp um eine Woche gekürzt hat, weil sie nicht genügend Anmeldungen hatten und sie uns vergessen zu informieren. Ein andermal sagte uns der Vermieter unserer Unterkunft kurzfristig ab. Mit der Hilfe von Freunden dort, konnten wir aber für alles schnell eine Lösung finden. Und auch die Einstellung ist wichtig: Es ist Arbeit, kein Urlaub. Wer denkt, er fährt in die Ferien, wird sicher enttäuscht oder gestresst zurück kommen. Wer sich aber auf Arbeit an einem anderen Ort einlässt, sammelt viele tolle Erfahrungen.

Birgit Koebl ist leidenschaftlicher Kommunikationsprofi und aktive Netzwerkerin mit klarem Fokus auf B2B-Themen und dem richtigen Gespür für Trends und Innovationen. Sie vereint eine journalistische Ausbildung mit rund 20 Jahren Erfahrung in den Bereichen Marketing, Medien und Digital und kennt alle Blickwinkel der schnelllebigen Branche. In den vergangenen Jahren war sie u.a. für das Conference Programm der dmexco mit verantwortlich und arbeitet für die Women Speaker Foundation, Brandoffice, Martin et Karczinski, IAB Switzerland oder die Otto Group Media.

 

 

Digitale Nomaden 3: „New Work ist eine Einstellung“

Inga Hoeltmann mit Smartphone Credit Axel Kuhlmann

Inga, Du bist Expertin für New Work und hättest letztens in Brandenburg dringend gutes WLAN gebraucht, um zu arbeiten – was hast Du in dem Moment gedacht?

Dass das Internet in Brandenburg nicht so dolle ist, weiß man ja so landläufig – aber dass wir keine Filme streamen konnten und ich sogar Probleme hatte, schlichte E-Mails zu bearbeiten, das hat mich dann doch überrascht – und etwas schockiert. Da hängt ja so viel dran. Dass man vielleicht seine Freizeit anders gestalten muss, geschenkt. Aber dass Arbeiten nicht wirklich nötig ist, zeigt, wie dringend wir das ändern müssen.

 

Wie oft arbeitest Du von unterwegs? Was bedeutet diese Flexibilität für Dich?

Ich arbeite gern und regelmäßig unterwegs. Wo ich meinen Laptop aufklappe, da bin ich daheim. Ich halte das für eine wichtige technologische und wirtschaftliche Errungenschaft, die uns hilft, unsere Arbeit so zu gestalten, wie sie gut und richtig für uns ist. Das sollten wir nicht unterschätzen.

 

New Work ist ja mehr als Arbeiten an verschiedenen Orten – kannst Du einige Merkmale skizzieren, die für Dich #newwork ausmachen?

New Work ist für mich vor allem eine Einstellung, deshalb kann man sie auch nicht einfach „einführen“ (hier geht´s zu einem spannenden Artikel dazu mit Inga). „Sehen“ kann man New Work auf der Oberfläche zum Beispiel anhand der Organisationsformen, die genutzt werden, oder anhand der Tools, mit denen man arbeitet. Viel wichtiger ist aber die Haltung, mit der das geschieht – die Bereitschaft auszuprobieren, miteinander zu kommunizieren, über Stolperer zu reflektieren. So wird New Work ein Oberbegriff für all die Bemühungen, Arbeit lebenswert, gesund und nachhaltig zu machen – innerhalb und außerhalb der Unternehmen.

 

Ist die schlechte Netzqualität in Deutschland auch ein Hemmschuh für New Work?

Auf jeden Fall! Denn Neues Arbeiten kann eben auch heißen, orts- und zeitflexibler zu arbeiten. Wo das technisch nicht möglich ist, berauben wir uns eines wichtigen Gestaltungsparameters.

 

Was müsste noch passieren, um #newwork in Deutschland weiter voran zu bringen?

Ich denke, dass wir viele Stellschrauben in Deutschland haben. Technisch sind das Dinge wie der Breitbandausbau, aber auch Technik-Schulungen in Unternehmen oder entsprechende Schulbildung. Auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene ist es vor allem Kommunikation. Ich stelle immer wieder fest, wie sehr sich Mitarbeiter in Unternehmen daran gewöhnt haben, dass man ihnen nicht zuhört, dass man es ihnen nicht gestattet, ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Das hat dazu geführt, dass sie den Kontakt mit sich selbst verloren haben. Und das küssen wir gerade wieder wach – Schritt für Schritt. Ich denke tatsächlich, dass die Transformation unserer Wirtschaft im Kern eine Kommunikationsaufgabe ist – alles andere kommt huckepack mit.

 

Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie tritt bei Podiumsdiskussionen auf, hält Vorträge und bietet Beratungsleistungen an, außerdem versendet sie einen monatlichen Newsletter zu diesen Themen. Sie ist Gründerin der New-Work-Akademie „Accelerate Academy“ und ausgebildete Wirtschaftsjournalistin, zu ihren Auftraggebern gehören der Berliner Tagesspiegel und der Deutschlandfunk Kultur.

 

Fotos: Birgit Köbl, Axel Kuhlmann, Catrien Stremme, Claudia Frickel, Simone Fasse

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