„Je gemischter desto besser“

Veröffentlicht von am 22 Jul 2015

Andrea Ketzer leitet die Forschung und Entwicklung für das Thema „Surround View“ beim Automobil-Zulieferer Continental in Ulm. „Mein Traumjob“, sagt die Ingenieurin, die ein 70-köpfiges internationales Team führt. Alljährlich können sich Talente für ein Treffen mit ihr im Rahmen des Conti-Programms „Meet the Manager“ bewerben. Im Interview erzählt sie, warum sie auf eine bunt gemischte Abteilung setzt.

 

AndreaKetzer_PicFoto: Continental

 

Frau Ketzer, was macht Ihre Arbeit als Research & Development Leader Surround View Ulm beim Automobil-Zulieferer Continental zu einem Traumjob?

Als ich vor zweieinhalb Jahren zum Continental-Standort Ulm kam, war ich quasi allein, ich hatte noch einen Chef in Lindau und Kollegen in England. Meine Aufgabe war es, ein Team aufzubauen, das Produkte rund um das Thema „Surround View“ entwickeln und in Serie bringen kann. Seitdem habe ich rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. So eine neue Mannschaft in Eigenregie aufzubauen und gemeinsam innovative Produkte in den Markt zu bringen finde ich großartig.

 

Ihr Team scheint so zu sein, wie heute oft das „Arbeiten 4.0“ skizziert wird – gemischt, international und agil – warum wollen Sie so eine bunt gemixte Abteilung?

Bei uns arbeiten tatsächlich verschiedenste Nationen und Altersgruppen miteinander, die Forscher kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen, Frauen und Männer arbeiten gleichberechtigt und auf Augenhöhe. Das ist mir enorm wichtig, je gemischter, desto besser. Denn durch die Vielfalt der Sichtweisen kommen zu einem Thema mehr Lösungen zustande und Probleme werden früher erkannt. Natürlich geht das nicht ohne Reibungen, wenn ein Team so heterogen ist, aber konstruktive Konflikte gehören für mich dazu.

 

Wie schaffen Sie bei einer so durchmischten Gruppe eine gemeinsame Basis?

Das Wichtigste ist, dass alle Mitarbeiter ein gemeinsames Ziel verfolgen. Es gibt die verschiedensten Wege nach Rom – meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass alle nach Rom schauen und sich auf die Reise machen. Wie sie das Ziel erreichen überlasse ich ihrer Kreativität, ich möchte nicht mehr vorschreiben als nötig. Ich bin vor allem für den roten Faden verantwortlich, dafür, dass wir alle an einem „Was“ arbeiten, und dass wir alle wissen „Warum“ und „für Wen“.

 

Was sind denn in diesem Fall das „Was“ und das „Warum“?

Wir entwickeln sicherheitsrelevante Produkte, die die Kunden von uns erwarten – in time, in quality. Durch unsere Produkte gibt es weniger Unfälle – das ist meine Motivation.

 

Um welche Produkte handelt es sich da beispielsweise?

Ein Beispiel ist „Surround View“. Die Lösung liefert eine 3D-Rundumsicht bei niedrigen Geschwindigkeiten, etwa für das Ausparken aus einer Garage oder das Manövrieren mit einem Anhänger. Über vier Kameras werden Videobilder generiert und abgeglichen, so kann der gesamte Bereich rund um das Fahrzeug überwacht werden. Hindernisse werden erkannt und der Fahrer wird aktiv oder passiv gewarnt.

 

Sie haben sich schon zweimal bei „Meet the Manager“ beteiligt – einem Programm, bei dem sich weibliche Führungskräfte des Unternehmens für einen Tag über die Schulter schauen lassen. Warum machen Sie mit?

Die Bewerber können über diesen Weg einen Tag in einem Unternehmen wie Conti verbringen, das ist eine tolle Chance für beide Seiten. Meinen Gast aus dem vergangenen Jahr habe ich vom Fleck weg eingestellt, er brachte so viel Motivation, Leidenschaft und Energie mit, das hat mich einfach überzeugt. Diese Eigenschaften sind in der Automobilindustrie gesucht.

Die Besuche der Bewerber werden außerdem vom Unternehmen so gut vorbereitet, dass ich den Tag nicht als Extra-Arbeit sehe, sondern als Gelegenheit, einem jungen Menschen den Berufseinstieg zu erleichtern. Berufseinsteiger sind angewiesen auf ein gutes Mentorship, und ich mag diese Rolle sehr.

 

GebäudeContiUlmFoto: Continental

Sie nehmen sich auch in den Bewerbungsgesprächen sehr viel Zeit für die Kandidaten. Lohnt sich das?

Aus meiner Sicht schon, denn eine Person sollte optimal zum Team passen. Die Chemie muss einfach stimmen, schließlich verbringen wir alle täglich mehr Zeit mit den Kollegen als mit der Familie – da ist es wichtig, dass wir uns im Job wohl fühlen und eine gute Atmosphäre herrscht.

 

Ist so eine Kuschel-Atmosphäre nicht schlecht für die Karriere?

Karriere mit den Ellenbogen gibt es sicherlich noch, aber ich glaube, dass die Mehrheit der Mitarbeiter das nicht mehr will. Die meisten wollen Leistung bringen, fair behandelt werden und einfach stolz nach Hause gehen.

 

Fördern Sie Frauen anders als Männer?

Nein, bei mir zählt das Ergebnis. Frauen sollten aus meiner Sicht auch keine Sonderbehandlung von den Firmen bekommen, es geht vielmehr darum, dass sich in der Gesellschaft etwas ändert. Ich bin Mutter von zwei Kindern und hatte im Berufsleben noch nie das Gefühl härter arbeiten zu müssen als die Männer.

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